Sonntag, 11. Mai 2014

Rezension: Ein schädlicher Einfluss von Kate Bornstein


Beim Bloggertreffen von lovelybooks und Bastei Lübbe auf der Leipziger Buchmesse dieses Jahr gab es einige Geschenke mit nach Hause zu nehmen. Eins davon ist - zumindest für mich - ein ganz besonderes Juwel.


"Ein schädlicher Einfluss" von Kate Bordstein, Eden Books

14,95 € (Broschiert)

352 Seiten







Schon die ersten anderthalb Seiten waren ein reines Feuerwerk. Es war so unglaublich, dass ich meinen Mitbewohner zu mir rief und sie ihm vorlas. Im Schnelldurchlauf: Kate ist ein schlechter Mensch, denn sie ist eine transsexuelle, jüdische, tätowierte Lesbe und Sadomasochistin, die an Borderline und Magersucht leidet, die ihre Tochter seit Jahrzehnten nicht mehr und ihre Enkel noch nie gesehen hat, denn als Scientologen ist es ihnen nicht gestattet mit einer aus der Organisation Ausgetretenen zu sprechen. Nicht zu glauben? Und dennoch wahr, denn dieses Buch ist keine überdrehte Fiktion, es ist eine Biografie.

Kate nimmt uns mit auf ihre rasante Lebensreise. Sie wollte schon immer ein Mädchen sein - wichtig keine Frau, denn das sind zwei unterschiedliche Geschlechter, wohl wahr. Aber eigentlich fühlt sie sich heute weder als Mann noch als Frau, als ob sie nicht schon genügend Minderheiten angehören würde.

Auf ihrer Suche nach sich selbst und einer Lösung für den Drang ein Mädchen zu sein landet sie bei Scientology und bleibt zwölf Jahre. Sie ist ziemlich erfolgreich und steigt zur Elite um den Gründer von Scientology L. Ron Hubbard auf, sie trifft ihre erste Frau, heiratet und hat eine Tochter - alles noch als Mann. Bis eines Tages ein, nennen wir es Missverständnis, zu ihrem Austritt führt. Und den Beginn eines neuen Lebens darstellt.

Kate verfolgt jetzt wieder ihr Ziel ein Mädchen zu werden - Scientology hatte ihr beigebracht, dass sie geschlechtslos ist und ihr damit einen Ausweg geboten. Doch jetzt wollte sie sich ausleben und erfahren, was es bedeutet, sie zu sein.

Es folgen Jahre voller Experimente, Leugnungen, Neuerfahrungen und schließlich der Umwandlung. Es ist unglaublich ihrer Geschichte zuzuhören und dabei so unfassbar schön, denn sie erzählt es alles mit einem solch inneren Frieden, dass man das Glück, das sie durch diese Selbstverwirklichung erfahren hat, spüren kann.

"Ein schädlicher Einfluss" ist nicht für jeden etwas - ich möchte jeden zartbeseiteten Menschen sehr vor diesem Buch warnen. Es ist schonungslos und ehrlich. Aber es entführt einen in Welten, zu denen man niemals, wenn man nicht selbst Betroffener ist, Zutritt erlangen könnte. Solche Bücher liebe ich am aller meisten, denn das macht Bücher so wertvoll für mich - Welten zu betreten, die mir im wahren Leben verborgen sind.

Dabei ist die Geschichte von Kate jedoch nicht nur ein Bericht eines einzelnen Lebens - es ist ein Manifest, ein Schlachtruf für Individualität und Selbstentfaltung. Tu, was immer dich glücklich macht, auch wenn es keiner versteht, nicht einmal du selbst vielleicht. Gehe neue Wege, die undenkbar sind, wenn du denkst, das sie für dich richtig sind. Wieso nur Teil einer Minderheit sein? Wieso nicht eine eigene Minderheit sein, eine neue schaffen? Warum Klischees erfüllen, warum nicht einfach du sein?

Ich danke Kate für dieses wunderbare Buch - nicht nur weil sie Transsexuellen oder Lesben oder Feministinnen oder so vielen anderen Menschen einen Weg geebnet hat, sondern weil sie den Mut hatte so etwas wunderschönes niederzuschreiben, das jedem Menschen zuruft: Sei du selbst.

1 Kommentar:

  1. Wow! Das klingt aber echt nach einem turbolenten Leben! Muss sicher spannend zu lesen sein!

    LG Cat

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